Am 4. August habe ich auf der Dortmunder Seebrücke-Demo gegen das Sterben im Mittelmeer gezeichnet. Auf der nächsten Seite meines Wasserfarb-Skizzenbuches ist das Mittelmeer selbst zu sehen, diesmal im Rahmen meines Last Minute Pauschal Urlaubs.
Der Zusammenhang ist einfach da. Ich habe meinen Urlaub genossen, und ich bin mir gleichzeitig, ohne das Erlebnis zu trüben, sehr bewusst darüber, dass ich sehr viel Glück habe und sehr privilegiert bin, das Mittelmeer als Freizeitort zu genießen.
Das passende Foto dazu aus dem Vorort der Altstadt von Alcudia:
Auf die Zeichnung meiner Urlaubsbegleitung im Wellness Schwimmbad wird eine der #wirsindmehr Demo in Essen folgen.
Einerseits bin ich sehr froh über Veranstaltungen wie das Solidaritätskonzert in Chemnitz, andererseits regen mich die Stimmen von Politikern auf, die davon sprechen, die Kunst würde jetzt die Menschen zusammenbringen und das Image der Stadt müsse wieder aufpoliert werden.
Keinem besorgten Bürger geht es besser, wenn die Toten Hosen mit den Ärzten auf der Bühne „Schrei nach Liebe“ singen.
Es ist nicht die Aufgabe der Kunst, die Leute aufzuklären, dass Rassismus Scheiße ist. Es ist gut, dass „die Kunst“ das macht, und es gibt einem als besorgten Bürger – ich bin ein verdammter besorgter Bürger – das Gefühl, nicht allein zu sein. Aber wenn die Demo vorbei ist, geht man mit dem gleichen Scheißgefühl nach Hause, dass immer noch alles so ist wie vor der Demo.
Es ist die Aufgabe der Politik, frühzeitig in Bildung und Aufklärung und Auseinandersetzung zu investieren. Und nicht einfach den Syrer, den Ausländer der Saison rauszuwerfen. Dadurch geht die rechte Gesinnung auch nicht weg. Die war schon vorher da, nur richtete sie sich da gegen andere.
„Schrei nach Liebe“ ist 25 Jahre alt. Farin Urlaub schreibt keine politischen Texte mehr, weil er sagt, er hat ja schon alles gesagt. Und bedauerte, vor 3 Jahren, dass der alte Scheiß noch immer relevant ist.
Heute hab ich keine Rechtfertigung, wie Kunst die Demokratie retten kann. Ins Theater gehen Leute, die schon Bock haben, nachzudenken. Ich gehe zur Demo, weil ich nicht weiß, was ich sonst machen soll.
Es wäre zumindest um einiges gruseliger hier, wenn es diese Demos (wenn es Kunst) nicht gäbe.